Johann Sebastian Bach: Messe h-Moll
11. & 12. November 2022 | 20 Uhr | Marktkirche Hannover
Bachchor & Bachorchester Hannover | Solisten | Ltg.: Jörg Straube
"Die Musik muss sprechen..."
- das ist Jörg Straubes größtes Anliegen, wenn er im November Bachs h-Moll-Messe in der Marktkirche dirigiert – vermutlich zum letzten Mal mit seinem Bachchor, denn Straubes Amtszeit endet im Dezember 2023. Oft hat er Bachs Messe aufgeführt, die häufig als größtes musikalisches Kunstwerk bezeichnet wurde. Jörg Straube hingegen hält die Matthäuspassion für Bachs vollkommenstes Werk – sowohl dramaturgisch als auch theologisch-konzeptionell. Die h-Moll-Messe ist kein abgeschlossenes Werk, sondern eine Kompilation von fünf Partiturabschnitten aus verschiedenen Schaffensperioden Bachs, die einen Einblick in Kompositionstechniken und Stilen von der Gregorianik bis zur ausklingenden Barockzeit verschafft. Ausgangspunkt ist die Missa Brevis von 1733 mit Kyrie und Gloria. Für die Vertonung des vollständigen lateinischen Textes (1748-49) nutzt Bach Parodien (Anleihen aus eigenen früheren Werken) und neue Kompositionen. Formal und satztechnisch präsentiert er so einen repräsentativen Querschnitt seiner kirchenmusikalischen Kunst. Crucifixus zitiert den Eingangschor der Kantate Nr. 12 von 1714. In der Klage um den Gekreuzigten bleibt als Subtext „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ der Affekt des Originals erhalten.
Das prachtvolle Sanctus wurde bereits Weihnachten 1724 aufgeführt.
Neue Kompositionen im Alten Stil (Kyrie II, Credo, Confiteor) verleihen dem Text immer dann besonderes Gewicht, wenn es um wesentliche Stationen des Glaubens geht. Wenn im Credo priesterlicher Gesang erklingt und zum siebenstimmigen Satz erweitert wird, hören wir eine zentrale theologische Aussage Bachs. Jörg Straube versteht die Messe nicht nur als ästhetische Leistung, sondern als ein mit Sinn für Effekt und Wirkung gestaltetes Werk, das sein Publikum ergreift und anspricht – nicht durch künstlerische Perfektion, sondern emotional. Das Orchester zeigt eine außerordentliche Pracht und Farbvielfalt, um die Chorsätze und Arien zu gestalten und auszudeuten.
Die Messe gehört keinem spezifischen Aufführungskontext an und ist nicht für den Gottesdienst bestimmt. Bachs Auswahl von Kompositionen aus vier Jahrzehnten Schaffenszeit reflektiert seine Lebensleistung sowie seine Auseinandersetzung mit Musik der Vergangenheit und Gegenwart. Deshalb kann die h-Moll-Messe, so Jörg Straube, als Bachs künstlerisches Testament gedeutet werden – zeitlose Musik, die noch heute zu uns spricht.
Karten für die Konzerte gibt es online bei Reservix sowie in der Buchhandlung an der Marktkirche.
Kerstin Sjöstedt-Hellmuth