„...des Herren Ruhm, er bleibt in Ewigkeit!“
Haydns „Schöpfung“ in der Marktkirche Hannover
Das Oratorium „Die Schöpfung“ wurde inspiriert durch überwältigende Aufführungen Händel‘scher Oratorien, die Haydn während seines ersten Aufenthalts in London 1791/92 kennenlernte. Während seines zweiten Aufenthaltes 1794/95 wurde ihm ein englischsprachiges Libretto zu einem Schöpfungs-Oratorium übergeben, das angeblich für Händel verfasst worden sein sollte. Haydn gefiel dieses Libretto so gut, dass er es seinem Freund und Gönner, dem Wiener Baron Gottfried van Swieten zeigte, der es ins Deutsche übertrug und Haydn für die Komposition ein angemessenes Honorar und die Übernahme der Aufführungskosten in Aussicht stellte.
Im Frühjahr 1798 erklang das fertiggestellte Oratorium zunächst in zwei Privataufführungen. Die erste öffentliche Aufführung fand fast ein Jahr später am 19. März 1799 im alten Burgtheater statt und wurde vom Auditorium mit größtem Beifall aufgenommen – ein Erfolg, der bis in unsere Zeit ungebrochen andauert. Mit seiner „Schöpfung“ schuf Haydn gleichzeitig ein Werk, das für die Oratorien des 19. Jahrhunderts vorbildhaft wurde.
Das Oratorium ist in drei Teile gliedert. Im ersten Teil wird die Erschaffung des Lichts, der Erde, der Himmelskörper, des Wassers, des Wetters und der Pflanzen beschrieben. Der zweite Teil ist der Erschaffung der Tiere und des Menschen gewidmet. Im dritten Teil wird ein Tagesanbruch im Garten Eden geschildert, dem ein Dankgebet sowie ein Liebes-Duett Adams und Evas folgen. Nach einer Ermahnung an beide, die bereits den späteren Sündenfall anklingen lässt, endet das Oratorium mit einem grandiosen Lob des Schöpfers.
Von den vielen Höhepunkten, die das Oratorium bietet, seien hier nur einige wenige genannt. Da ist die Orchestereinleitung in c-Moll, die das Chaos vor dem ersten Schöpfungstag beschreibt und mit einem Forte-Schlag beginnt, der wie eine Darstellung des Urknalls anmutet. Eine der berühmtesten Stellen des Oratoriums folgt gleich darauf: die Erschaffung des Lichtes, das durch plötzliches Fortissimo und strahlendes C-Dur auf das Wort „Licht“ geradezu sichtbar wird. Eindrucksvoll ist auch, wie Haydn die Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen in Musik umsetzt und die einzelnen Tiere charakterisiert. Diese werden zunächst musikalisch vorgestellt und erst dann mit Worten benannt. Der Haydn’sche Humor blitzt an vielen Stellen auf – so z. B. beim Gebrüll des Löwen oder wenn das Kontrafagott mit seinem tiefsten Ton „der Tiere Last“ hörbar macht.
Die Kantorei St. Georg der Marktkirche, Solisten sowie das großbesetzte Bachorchester unter der Leitung von Jörg Straube führen die „Schöpfung“ am 6. Mai 2023 um 18 Uhr in der Marktkirche Hannover auf.
Dr. Kurt Pages
