Foto: Anne-Constanze Wolters

Geschichte der Altstadt-Kirchen

Es war in der Zeit der wirtschaftlichen Blüte der Hansestadt Hannover im 14. Jahrhundert: Hoch über die Dächer der niedrigen, oft noch mit Reet gedeckten Häuser der Altstadt hinausragend, schlug sich der Wohlstand Hannovers in seinen Bürgerhäusern, seinem Rathaus und ganz besonders in seinen Kirchenbauten nieder.

Frühes Mittelalter

Scherbenfunde belegen, dass die mittelalterliche Besiedlung des späteren Altstadtgebietes bereits im 11. Jahrhundert vorhanden war. An der Kreuzung der Fernstraßen von Hildesheim nach Bremen und von Minden nach Lüneburg, am ‚Hohen Ufer‘ der Leine, bildete sich die erste Siedlung. Der Herrenhof Lauenrode mit der Burgkapelle St. Galli kontrollierte den Flussübergang und die Sicherheit des kleinen Marktfleckens. Nicht weit davon entstand nach 1124 eine dem Heiligen Georg (St. Georgii) geweihte Kirche und ein Marktplatz. Südöstlich davon entstand etwa zur gleichen Zeit die Kirche St. Äegidii in Form einer romanischen Basilika. Die Stadt wurde erstmals 1150 in der Hildesheimer Miracula Bernwardi als ‚Hanovere’ erwähnt. Bereits 1241 hatte Hannover von Otto dem Kind die vollen Stadtrechte erhalten und erlangte damit genügend Freiheiten, um sich zu einer reichen Kaufmannsstadt zu entwickeln.

Spätes Mittelalter (1250–1500)

Lange genügten die drei hannoverschen Kirchen den religiösen Bedürfnissen der Stadt und den angeschlossenen Dörfern. Die Einwohnerzahl der Stadt Hannover wuchs jedoch schnell, so dass diese Gotteshäuser schon bald die Gemeindeglieder nicht mehr fassen konnten. Zwar hemmte die 1350 von Norddeutschland über die Stadt hereinbrechende Pest die Entwicklung der Stadt. Der bei etwa 30 Prozent liegende Bevölkerungsverlust benötigte einige Jahre, um wieder ausgeglichen zu werden, hielt die Bürger aber nicht davon ab, weiter an ihren Gotteshäusern zu bauen.

Foto: Hans-Ulrich Kreisel

Wann mit dem Neubau der Marktkirche begonnen wurde ist unklar. Der 1319 in Avignon ausgestellte Ablassbrief lässt offen, ob der Ablass für eine Reparatur der romanischen Kirche oder für einen gotischen Neubau erteilt wurde.

Als Baubeginn kann das Jahr 1320 angenommen werden. Entsprechend einer verbreiteten mittelalterlichen Vorgehensweise wurde die alte Kirche erst abgebrochen, als die neue für eine rituelle Nutzung bereit war. Folglich wurde zuerst der dreiteilige Chor hergestellt und 1340 mit den ersten Glasfenstern versehen.

1342 schon wurde die neue Kirche erstmals als ‚ecclesia Sanctorum Jacobi et Georgii‘, oder im lokalen Platt: ‚Kerke Sünte Jakobs und Sünte Jürgens‘, bezeichnet. Also die Kirche des Heiligen Jacobus und des Heiligen Georg. Der bisher alleinige Namensheilige St. Georg rückte an die zweite Stelle und machte dem Schutzpatron der Pilger und Kaufleute Platz. Erst in jüngerer Zeit tauschten die Heiligen der Marktkirche ihre Positionen und die Kirche heißt seitdem ‚St. Georgii et Jacobi‘.

Erst mit der Abbruchgenehmigung des Bischofs von Minden aus dem Jahre 1349, konnte die alte romanische Kirche abgetragen werden. Die kostbaren Werksteine wurden für die Fundamente des Neubaus wiederverwendet. Die großartige dreischiffige Halle wurde vollständig aus Backstein gemauert. Die neue Kirche wurde der südlichste große, gotische Backsteinbau Norddeutschlands.

1388 wurden Chor und Langhaus, inklusive Dach, fertig gestellt. Erst danach wurde der Turmschaft hochgemauert. 1393 wurde die erste Turmuhr im zweiten Turmgeschoss installiert. 1406 wurden die Glocken eingehängt. Kurz darauf wurde die Kirche fertig gestellt. Das genaue Datum ist nicht bekannt.

Bei dem Dachreiter scheint es sich um eine Notlösung gehandelt zu haben. Sie entwickelte sich jedoch im Laufe der Zeit zum Wahrzeichen der Stadt. Die am liebsten zu diesem Thema zitierte Erklärung stammt aus der ‚Isingschen Chronik‘: 

„Die Bauleuthe seind müde und im Säckel kranck worden und haben den Thurm an seinen vier Giebeln und Archen, best, wie sie gekonnt zugedecket, diese itzige geringe hinauffgesetzet, und damit das Werck in den Schutz Gottes befohlen …“

1284 wurde auf Antrag Herzog Otto des Strengen ein Teil des Gemeindebezirkes der Marktkirche abgetrennt und selbständig gemacht. Es wurde die Heiligen-Geist-Kirche erbaut, die dem vorhandenen Hospital St. Spiritus angegliedert wurde. Schon wenige Jahrzehnte später war diese Kirche bereits wieder zu klein geworden und es wurde der Grundstein für den Bau der Kreuzkirche, St. Crucis, gelegt. Am Sonntag, 18. April, Misericordias Domini des Jahres 1333 wurde die neue Kirche feierlich eingeweiht.

Foto: gemeinfrei von Benutzer Nifoto

Die Aegidienkirche wurde 1347 in Form einer hochmittelalterlichen Hallenkirche aus Natursteinen auf den Resten mehrerer Vorgängerbauten errichtet. Eine Besonderheit für Hannover sind die einzelnen Seitenschiffgiebel. Vorbilder dafür finden sich im Westfälischen sowie bei den Kirchen im Braunschweiger und Magdeburger Raum.

Die Schlosskirche, von der keinerlei baulichen Reste mehr sichtbar sind, wurde 1291 als Minoriten-Klosterkirche St. Maria in der Leinstraße, an der Stelle des heutigen Leineschlosses, gegründet.

Zur Zeit der Reformation

Lange hatte es so ausgesehen, als wäre die Reformation an Hannover vorbei gezogen. Noch 1524, sieben Jahre nach dem Wittenberger Thesenanschlag, hatte der Rat ein Mandat gegen die ‚lutherische Sekte‘ erlassen. Die Bürger hatten es hingenommen – Aufstand hatte in Hannover keine Tradition.

Ein Holzschnitt von Heinrich Bünting zeigt Hannover um 1585 von Westen. Mit äußerem und inneren Leintor, aus „Braunschweigische und Lüneburgische Chronica, II"

Die Kaufleute, die mit ihrem ökonomischen Geschick den Reichtum der Stadt befördert hatten, dominierten den Rat der Stadt und hatten damit auch die politische Macht in der Stadt. Der Rat hatte die Aufsicht über die Schulen und die Spitäler inne und übte die Niedergerichtsbarkeit aus.

Trotz der Androhung von hohen Geld- und Gefängnisstrafen bezogen die Anhänger der lutherischen Lehre die verbotenen Schriften über gut vernetzte Buchhändler. Nachrichten über die Reformation kursieren in konspirativen Zirkeln der Kaufleute und Handwerker. Manch frommer Bürger pilgerte sonntags eigens nach Döhren, um dort, im Einzugsbereich des Fürstentums Lüneburg, lutherische Predigten zu hören. Der Rat der Stadt jedoch hielt treu zum Herzog Erich I. von Calenberg, der wiederum ein unbeirrter Anhänger des katholischen Kaisers war.

Ab 1532 war es mit den Heimlichkeiten vorbei, als die Bürger, die im Rat stark unterrepräsentiert waren, Mitbestimmung in religiösen Grundfragen forderten. Nach langen, zähen und unbefriedigenden Verhandlungen mit dem Rat schwur die am 26. Juni 1533 auf dem Marktplatz versammelte Bürgerschaft, dass man mit göttlicher Hilfe…

 „…bei der evangelischen Lehre bleiben und alles, was daraus an Unannehmlichkeiten entstehen sollte, gemeinsam ertragen“

…wollte. Das Gemälde von Ferdinand Hodler ‚Einmütigkeit’ im Hodler-Saas des Rathauses zeigt diesen Moment. Die Reformation ‚von unten‘ hatte in Hannover gesiegt.

Kurz darauf setzten sich fast alle Ratsmitglieder, Geschworene und Beamte nach Hildesheim ab. Die provisorische Regierung versuchte die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Doch der Zorn der vorausgegangenen Jahre machte sich mit Anarchie und Vandalismus Luft. Herzog Erich I. verschärfte die Lage, als er durch Straßensperren die Stadt von der Lebensmittelzufuhr abschnitt.

„Damals hangete Hannover am siden Faden“, schrieb der spätere Bürgermeister Berckhusen.

Doch nach einem halben Jahr war der Sturm vorüber. Hannover hatte eine neue Ratsverfassung und neue Köpfe im Rat. Die Stadt erkaufte sich von ihrem Landesherren Erich I. für 4000 Gulden die Religionsfreiheit. Am 31. August 1534 war das Kapitel Reformation in Hannover endgültig abgeschlossen.

1536 wurde die von Urbanus Rhegius entworfene Kirchenordnung erlassen. Nach Herzog Erichs I. Tod 1540 übernahm zunächst seine Witwe Elisabeth von Calenberg die Regierung für ihren noch minderjährigen Sohn Erich II. und setzte mit dem von ihr ernannten Landessuperintendenten Antonius Corvinus die Reformation im übrigen Fürstentum durch.

Zwischen Reformation und Weltkrieg

Die geänderte, evangelische Liturgie führte nach der Reformation zu einem gesteigerten Bedarf an Sitzplätzen. Ab 1560 kam es zu einem durchgreifenden Umbau der hannoverschen Kirchen. Neue Baustile wurden regelmäßig aufgegriffen und die Kirchen immer wieder baulich angepasst.

Foto: Gemeindearchiv Marktkirche Hannover

Aus der Marktkirche wurden alle katholischen Prunkstücke, d.h. die mehr als 12 Altäre und zahlreichen Kunstwerke, entfernt. Im Jahrhundert zwischen 1589 und 1689 bekam die Kirche nach und nach eine neue Ausstattung. Zunächst wurde 1594 eine neue Orgel auf der Westempore errichtet. 1614 folgte eine stuckierte Kanzel mit hoch aufragendem Schalldeckel; 1616 kamen eiserne Chorschranken hinzu. Den eindrucksvollsten Eingriff bedeutete aber das Aufrichten des vielgeschossigen barocken Altaraufsatzes, den der Kaufmann Johann Duve 1663 stiftete.

Eine Fülle von ein- und mehrgeschossigen Emporen durchzog die Seitenschiffe und die Nebenchöre. Die veränderte Bevölkerungsstruktur zeigte sich auch in einer neuen Rangfolge der Sitzplätze. So waren reich gestaltete Priechen (abgesonderte Emporenabschnitte) dem Rat, den Schülern und anderen herausragenden Gruppen vorbehalten, wohingegen Dienstboten in der hintersten Ecke sitzen mussten.

1825 wurden diese Ausstattungsteile durch eine Zeitungsanzeige meistbietend zum Verkauf angeboten. Vermutlich waren das die Vorarbeiten für einen Umbau nach den Wertvorstellungen der späten Romantik. Die Idealvorstellung des Kirchenraumes in der damaligen Zeit: eine leere Halle, in der nur die Prinzipalstücke einer lutherischen Kirche – Altar, Taufe und Kanzel – ihren Platz haben. Ob das Konzept umgesetzt wurde, ist nicht bekannt.

Schon 1855 baute der hannoversche Architekt und Stadtbaumeister Droste die Marktkirche im neogotischem Stil um. Der Hauptchor erhielt einen filigranen Altar und zwei vieleckigen Emporen mit Baldachinen darüber, links für den hannoverschen König, rechts für den Magistrat. Umlaufende, mit Maßwerk verzierte Emporen füllten die Seitenschiffe vollständig aus. Die Nebenchöre waren durch Treppenhäuser abgesondert. Die reich geschnitzte Kanzel lehnte sich an den zweiten Pfeiler von Osten, stand damit also nahezu in der Mitte des Raumes.

Die Wandlungen der Marktkirche in dieser Zeit sind auf den Fotos im nördlichen Seitenschiff dargestellt.

Auch die Kreuzkirche wurde für die Schaffung neuer Sitzplätze umfassend umgebaut. Zuerst wurde im Norden ein Seitenschiff angebaut, in dem eine Empore den Besuchern Platz bot. Die vorhandene Annenkapelle erhielt 1591 eine Zwischendecke und einen runden Treppenturm. Fortan befand sich im Erdgeschoss eine Sakristei und darüber die Schülerchorempore.

Später wurde die Sakristei als Bibliothek genutzt. Die Bücher verblieben hier bis 1885, als sie bei der Gründung der Stadtbibliothek von dieser als Grundstock übernommen wurde.

Im November 1630 fegte ein orkanartiger Sturm den gotischen Turmaufsatz davon, wie Helwing 1845 beschrieb:

„Im Jahre 1630 warf ein ‚starker ungeheurer Sturmwind‘ Nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr den Thurm [der Kreuzkirche] herunter, welcher in seinem Falle die Kirchengewölbe größtenteils einschlug, die Orgel, Stühle, Epitaphien und einen Teil der Kanzel zerschmetterte und zwei Uhrglocken mit sich herunterriss. Die schwere Thurmspitze fiel auf das eine Pfarrhaus, doch kam glücklicher Weise kein Mensch dabei zu Tode; auch waren die Thurmglocken, Altar, Taufstein und Sacristei unversehrt geblieben.“  

Durch das Engagement und die finanzielle Förderung des Kaufmanns und Ratsherren Johann Duve wurde der Turm als barocke Laternenhauben 1652/53 wiederaufgebaut.

1822/23 wurden auch hier die mittelalterlichen und nachreformatorischen Stücken ausgeräumt, verkauft oder vernichtet. Lediglich das Bronzetaufbecken entging Dank des schnellen Zugriffs durch den hannoverschen Sammler Bernhard Hausmann der Verschrottung. Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves führte 1826-1839 die Gotisierung der Kreuzkirche im damaligen Zeitgeschmack durch.

Die Altstadt um die Kreuzkirche herum war seit jeher eng, feucht und überbevölkert. Nach der Sanierung wurde das Viertel ab 1938 politisch geprägt durch die Ansiedlung der Hitlerjugend und dem Bund dt. Mädel. Das „Restaurant zur Kreuzklappe“ gegenüber der Kreuzkirche wurde zum stadtbekannten Kampflokal der SA. Pastor Kage beklagte 1933:

„…, dass bei uns oft ein ganz besonderer Mut dazu gehört, zur Kirche zu gehen …“

1825 wurden die Aegidienkirche nach Plänen des Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves umfassend umgebaut. Emporen auf gusseisernen Säulen wurden in die Seitenschiffe gebaut. Ein klassizistischer Kanzelaltar kam als Chorabschluss hinzu. Schon 1886 wurde nach einem Entwurf von Conrad Wilhelm Hase ein neuer Altar und eine neue Kanzel gefertigt. Decken und Wände wurden im neogotischen Stil bemalt und die Glasfenster mit neuen Gemälden versehen.

Die Schlosskirche und das anschließende Kloster mussten 1533 im Zuge der Reformation aufgegeben werden. Nachdem die Herzöge zu Calenberg-Göttingen Hannover 1636 zu ihrer Hauptstadt wählten, bauten sie die Klostergebäude zu ihrer Residenz aus. Die ehemalige Klosterkirche wurde mit der Weihe am 10. Juli 1642 Ev.-luth. Hof- und Schlosskirche. Seitdem diente sie den Mitgliedern des Hofes und der Regierung als Gottesdienstraum.

Unter dem katholischen Herzog Johann Friedrich war die Kirche von 1666 bis 1680 in katholischem Besitz. Der jetzt in der Kreuzkirche stehende Cranach-Altar gelangte 1675 von Einbeck hierher und wurde in den katholischen Altaraufbau eingefügt. Mit seinem Nachfolger Herzog Ernst August zog wieder ein lutherischer Landesherr ins Leineschloss ein und die Schlosskirche blieb von nun an evangelisch.

Seit dem Zweiten Weltkrieg

Die Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges hatten Hannover aufs Schwerste zerstört. Auch die Innenstadtkirchen wurden getroffen. Obwohl ab 1946 der Bau von Wohnraum höchste Priorität hatte, wurden auch die Kirchen nicht vergessen. Neben dem historischen Rathaus von Osnabrück, der katholischen St. Clemens Basilika in Hannover gehörte auch die Marktkirche zu den drei Denkmälern in Niedersachsen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Briten zum Wiederaufbau vorgeschlagen wurden. Als Hoffnungszeichen für die Menschen.

1982 wurden die drei Innenstadtgemeinden infolge des Absinkens der Gesamtbevölkerung der City zusammengelegt. Heute hat die ev.-luth. Marktkirchengemeinde Predigtstätten in der Marktkirche und in der Kreuzkirche.

Foto: Hans-Ulrich Kreisel

Bei zwei großen Bombenangriffen im Juli und Oktober 1943 zerschmetterten Sprengbomben den Innenraum, die Gewölbe und einen Teil des Dachstuhles. Den Turm trafen Brandsätze, die das Holzgerüst im Turmschaft, den Turmhelm und seinen Dachreiter durch Feuer vernichteten.

Schon im Januar 1946 begannen die Wiederaufbauarbeiten. Die Planung lag in Händen des Architekten Dieter Oesterlen (1911–1994), der mit der Marktkirche einen ‚purifizierenden Weg‘ beschritt. Er entfernte Reste von Stuck, Putz und Farbe von den Wänden und Säulen. Vorgefertigte Betonrippen ließ er zu neuen Gewölben ausmauern.

Der Wiederaufbau hat dem Kirchenraum seine mittelalterliche Struktur zurückgegeben und lebt jetzt ganz – im Gegensatz zu barocken und neugotischen Vorstellungen – von den verschiedenen Rottönen des Ziegelsteines, der sich auch im Fußboden wiederfindet. Die Narben früherer Baumaßnahmen und der Kriegsschäden wurden als Dokumente ihrer Zeit erkennbar gelassen.

Zwischen den Säulenfundamenten entstand 1952 ein Gemeindesaal. Benannt ist er nach dem Senior Hermann Wilhelm Bödeker (1799–1875), Pastor an der Marktkirche.

Seit der Reformation gab es in der Kirche fest installierte, lange Bänke. Eine flexible Nutzung des Innenraumes wie im Mittelalter war daher nicht mehr möglich gewesen. Die Idee dieser Flexibilität im Raum wurde nach dem Krieg durch Einzelstühle wieder aufgenommen.

„Das eigentliche Wesen und die Schönheit des Baues und seines Innenraumes liegt (…) in der schmucklosen Wucht und ruppigen Großartigkeit“

So beschrieb Dieter Oesterlen die wiedererstandene Kirche, die er am 22. Juli 1952 an die Kirchengemeinde zurückgab.

Porträt Dieter Oesterlen

Der Weltkrieg hinterließ St. Crucis als ausgebrannte Ruine. Der Turmhelm fehlte, vom Seitenschiff und der St. Annenkapelle standen nur noch Mauerreste. Nachträglich noch mussten die sehr desolaten Steingewölbe herausgebrochen werden.

Der Neubeginn erfolgte ab 1950, nachdem auch das heute unter Denkmalschutz stehende Wohnviertel ‚Rund um die Kreuzkirche‘ als eines der ersten auf genossenschaftlicher Basis zu wachsen begann (Planung durch den Architekten Konstanty Gutschow). Die städtebauliche Planung nach dem Krieg sah vor, innerhalb der künftig zum Geschäftszentrum zu entwickelnden Innenstadt, eine ‚Wohninsel‘ um die Kreuzkirche herum zu erhalten. Das Kreuzkirchen-Quartier wurde wegen seiner stadtgeschichtlichen Bedeutung und zentralen Lage für einen „exemplarischen Neuaufbau“ ausgewählt. Ziel war die Fertigstellung bis zur ersten dt. Bauausstellung der BRD, Constructa-Bauausstellung 1951 in Hannover.

Mit dem Wiederaufbau des Wohnviertels rund um die Kreuzkirche, wurde auch die Kirche selbst notdürftig hergerichtet. Es fehlte in der Stadt ein Gotteshaus, in dem sich die Gemeinde wieder versammeln konnte. 1950 wurde in der provisorisch geflickten Kirche der erste Weihnachtsgottesdienst gefeiert.

Ab 1952 wurde sie zunächst nicht mehr gebraucht, denn die Marktkirche war fertig geworden. Zu einem endgültigen Wiederaufbau kam es erst, als die Schlosskirchengemeinde in die Kreuzkirche umzog und die Gelder aus ihrer Abfindung in den Wiederaufbau investierte.

In der Nacht zum 9. Oktober 1943 wurde die Aegidienkirche zerstört. Lediglich die rohen Umfassungsmauern blieben stehen. Der Turm verlor seinen Helm und brannte vollständig aus. Die Innenausstattung der Kirche wurde zerstört, mit zwei Ausnahmen: Die Bronzetaufe der Aegidienkirche aus dem Jahre 1490 steht heute in der Marktkirche, ihre drei Kronleuchter hängen in der Kreuzkirche.

Die Kirche wurde nicht wieder aufgebaut und 1952 als Mahnmal für die Opfer der Kriege und der Gewalt ausgestaltet. Sie wird heute von einem Kuratorium verwaltet, das aus Vertretern der Stadt, der Stadtsuperintendentur und des Kirchenvorstands der Marktkirche besteht.

Schloss und Schlosskirche wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Im Zuge des Wiederaufbaues des Schlosses zum Niedersächsischen Landtag schied eine Wiederherstellung der Kirche aus. Die Gemeinde der Schlosskirche wurde für ihr Kirchengebäude abgefunden und zog in die Kreuzkirche um, die seitdem Schloss- und Stadtkirche St. Crucis heißt